Mit dem europäischen Green Deal hat sich die EU verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu werden. Doch dafür muss die Wirtschaft stark transformiert werden. Allein mit staatlichen Investitionen ist das nicht zu erreichen. Deshalb rückt der Finanzierungs- und Kapitalmarkt bei Themen wie Transformation und ESG stark in den Fokus. Was heißt das für die Praxis?
Um die EU-Klimaziele zu erreichen, müssen Finanzströme vermehrt in eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung geleitet werden. Was als wirtschaftlich nachhaltig anzusehen ist, wird dabei durch die EU-Taxonomie festgelegt, die seit Anfang 2022 gilt. Dieser Standard verpflichtet Unternehmen unter anderem dazu, bei ihren Aktivitäten verstärkt auf ESG-Kriterien zu achten. Das sind umweltbezogene (environmental – E), soziale (social – S) und unternehmensführerische (governance – G) Aspekte.
Um das nachhaltige unternehmerische Handeln auch nach außen hin transparent zu machen, gibt es entsprechende Berichtspflichten. Sie werden durch die 2024 neu in Kraft getretene CSRD-Richtlinie festgelegt – die sogenannte Corporate Sustainability Reporting Directive. Die entsprechenden Nachhaltigkeitsreportings der Unternehmen sollen Finanzierern, aber auch dem Kapitalmarkt oder öffentlichen Verwaltungen – beispielsweise wenn es um Fördermittel geht – helfen, nachhaltiges Handeln zu erkennen. Das soll es ermöglichen, Finanzmittel vermehrt in nachhaltige Geschäftsmodelle, Technologien und Aktivitäten zu lenken. Immer mehr Unternehmen werden künftig dazu verpflichtet sein, entsprechend zu berichten. Ab Anfang 2025 sind alle großen Unternehmen davon betroffen und ab Januar 2026 auch alle kapitalmarktorientierten KMU. Lediglich entsprechende Kleinstunternehmen sind dann noch davon ausgenommen.
Finanzierer müssen auf Nachhaltigkeit achten
Da dem Finanzierungsbereich im Zusammenhang mit der nachhaltigen Transformation eine tragende Rolle zukommt, ist hier künftig mit verstärkter Regulierung aber auch Erleichterungen zu rechnen. Ein Fingerzeig in diese Richtung ist die 7. MaRisk-Novelle, die die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) letzten Juni veröffentlicht hat. Danach sind Finanzierer angehalten, in ihrem Risikomanagement verstärkt auch ESG-Aspekte bei ihren Kunden zu prüfen. Die nächste, 8. Novelle wird bereits für den April 2024 erwartet. Hier ist zumindest mit einer Konsolidierung, was Nachhaltigkeitsaspekte angeht, zu rechnen. Eine Erleichterung oder eine Abkehr von diesem Thema ist äußerst unwahrscheinlich.
Was heißt das in der Praxis?
Immer häufiger werden etwa Banken bei der Kreditvergabe prüfen, wie der Kohlendioxidausstoß eines Unternehmens ist, wie es in der Branche generell mit dem Thema Umweltschutz aussieht oder wie sehr im Betrieb auf soziale Gerechtigkeit geachtet wird. Eine Rolle wird bei künftigen Finanzierungen auch spielen, ob die Unternehmensaktivitäten zur wirtschaftlichen Transformation beitragen oder wie nachhaltige Veränderungen durch die Art der Unternehmensführung vorangetrieben werden. Können Unternehmen Reportings und entsprechende Bemühungen vorweisen, werden sie wohl verstärkt Erleichterungen bei der Finanzierung erfahren. Hier dürfte sich deshalb oftmals auch eine Berichterstattung lohnen, selbst wenn ein Unternehmen noch nicht dazu verpflichtet ist.
Andererseits verlangt die Thematik auch ein erhöhtes Fingerspitzengefühl von den Finanzierern. Damit sich Unternehmen weiterentwickeln und nachhaltiger werden können, benötigen sie für die erforderlichen Investitionen zunächst erst einmal eine Finanzierung – selbst wenn sie anfangs möglicherweise noch keine hohen Nachhaltigkeitsstandards erfüllen. Der Forderungsverkauf im Rahmen des Factorings kann hier eine praktische Option sein. Denn hier fließt Unternehmen regelmäßig Liquidität zu, die auch für Veränderungs- und Wachstumsprozesse genutzt werden kann.
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